Lisas Geschichte: Die Reise aus dem Spiegelbild zur wahren Selbstliebe

Lisa* war eine junge Frau, die viele bewunderten. Sie war eine der besten Psychologie-Studentinnen an ihrer Universität und engagierte sich mit Herzblut in ihrer freien Kirchengemeinde. Sie leitete Jugendgruppen, organisierte Veranstaltungen und hielt inspirierende Andachten. Menschen wurden von ihrer Präsenz angezogen – sie schien kompetent, gläubig und fast perfekt.

Doch hinter dieser glänzenden Fassade kämpfte Lisa mit einem unsichtbaren Feind: sich selbst.

Das Spiegelbild, das Leben diktierte

Lisa lebte, wie sie glaubte, es tun zu müssen. Sie hatte ein Bild von sich geformt – eine Version, die makellos war, unfehlbar und bewundernswert. Dieses Bild wurde zu ihrem Kompass, ihrem Maßstab und ihrer einzigen Quelle von Wertschätzung. Sie war wie Narziss aus der griechischen Mythologie, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt hatte. Doch während Narziss in den ruhigen Wassern sein Idealbild betrachtete, kämpfte Lisa, um dieses Ideal für andere sichtbar zu machen.

Ihre Tage waren angefüllt mit Bemühungen, den Schein zu wahren. Jede kleine Kritik an ihrer Leistung, jeder Zweifel an ihrer Integrität brachte dieses fragile Spiegelbild zum Zittern. Wie Narziss, der sich in die Täuschung verliebte, war Lisa nicht in sich selbst verliebt, sondern in das Ideal, das sie in ihrem inneren Spiegel sah. Doch dieser Schein war zerbrechlich, und die Wahrheit dahinter erschreckend: Sie hasste die Person, die hinter dem Spiegelbild stand.

Der Sturm im Inneren

Lisa wusste, wie sie ihre Anhänger für sich einnehmen konnte. Ihre Freunde und Gemeindemitglieder verehrten sie. Doch wehe dem, der wagte, sie zu kritisieren. Kritik fühlte sich für Lisa an wie ein Angriff auf ihre Existenz. Sie wurde schnell scharf und verletzend, mobilisierte ihre Anhänger, um ihre Kritiker zu entmutigen oder auszuschalten, während sie selbst die scheinbar makellose Fassade aufrecht erhielt.

Doch in stillen Momenten, wenn niemand hinsah, fühlte Lisa die Leere. Sie spürte den Schmerz, den Kampf, den Hass auf sich selbst. Sie fragte sich oft: „Warum fühle ich mich so schlecht, wenn doch alle denken, ich hätte alles im Griff?“ Sie konnte die Antwort nicht finden, bis eines Tages jemand ihren Spiegel zerschlug.

Der Tag, an dem der Spiegel zerbrach

In einem Konflikt in der Gemeinde kam Frau Schneider auf Lisa zu. Frau Schneider war eine ältere Dame, bekannt für ihre Weisheit und ihre Fähigkeit, auf den Punkt zu kommen. „Lisa“, begann sie ruhig, „du bist beeindruckend. Aber ich sehe etwas in dir, das mich schmerzt. Du kämpfst so hart – gegen wen eigentlich?“

Lisa war zunächst sprachlos. „Ich kämpfe für das Gute“, antwortete sie nach einer Pause. Doch Frau Schneider lächelte nur sanft. „Nein, Lisa, du kämpfst gegen dich selbst. Du bist wie Narziss. Nicht in dich selbst verliebt, sondern in das Bild, das du von dir geschaffen hast. Aber das ist nicht die wahre Lisa.“

Die Worte trafen Lisa tief. Sie wollte widersprechen, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Zum ersten Mal erkannte sie, wie müde sie war. Frau Schneider legte eine Hand auf Lisas Schulter. „Du bist geliebt, Lisa. Nicht wegen deiner Leistungen, nicht wegen deiner Perfektion. Du bist geliebt, weil Gott dich genau so geschaffen hat, wie du bist.“

Der Blick in die Tiefe

Die nächsten Wochen waren für Lisa eine emotionale Achterbahnfahrt. Frau Schneiders Worte hatten etwas in ihr ausgelöst, das sie nicht mehr verdrängen konnte. Eines Abends, als sie alleine in ihrem Zimmer war, fiel ihr Blick auf einen Spiegel an der Wand. Plötzlich sah sie nicht mehr nur die Fassade. Sie sah sich selbst – müde, unsicher, und doch menschlich. Es tat weh, sich so zu sehen, doch gleichzeitig fühlte sie sich seltsam erleichtert.

Sie begann, sich mit Narziss zu vergleichen. Narziss war im Wasser ertrunken, als er versuchte, sein Spiegelbild zu umarmen. Lisa fragte sich: „Werde ich auch in meinem Bild von mir selbst untergehen, oder finde ich einen Weg, mich selbst zu lieben?“

Der Weg zur Selbstliebe

Lisa begann, sich dieser Frage zu stellen. Sie nahm sich Zeit für Gebet und las die Bibel mit neuen Augen. Ein Vers sprach besonders zu ihr: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Lisa dachte nach: „Wenn ich mich selbst nicht lieben kann, wie soll ich andere lieben? Und wie kann ich Gottes Liebe wirklich verstehen, wenn ich sie nicht auf mich anwenden kann?“

Langsam wagte sie erste Schritte. Sie begann, mit einer Freundin offen über ihre Kämpfe zu sprechen. Sie erzählte, wie hart sie mit sich selbst ins Gericht ging und wie sehr sie sich nach Anerkennung sehnte. Die Freundin hörte geduldig zu und sagte dann: „Lisa, du bist genug – genauso, wie du bist. Und du bist nicht allein.“

Es war ein Wendepunkt. Lisa ließ zu, dass andere ihre Schwächen sahen, ohne sie zu verurteilen. Und sie begann, sich selbst mit Gottes Augen zu sehen: als jemand, der trotz Fehlern geliebt ist.

Vom Spiegelbild zur Authentizität

Mit der Zeit wandelte sich Lisa. Sie zog sich aus der Leitung der Gemeinde zurück, um nicht mehr aus Druck oder Angst zu handeln. Stattdessen begann sie, ehrlicher mit den Menschen zu sein. Sie sprach von ihren Kämpfen und Zweifeln, erzählte, wie sehr sie sich selbst infrage gestellt hatte, und wie sie lernte, Gottes Liebe anzunehmen.

Die Menschen blieben an ihrer Seite, doch diesmal aus anderen Gründen. Sie schätzten Lisa nicht wegen ihrer Perfektion, sondern wegen ihrer Verletzlichkeit und Authentizität. Lisa verstand, dass sie nicht für ein Ideal geliebt wurde, sondern für die Person, die sie wirklich war.

Fazit: Der gebrochene Spiegel und die Freiheit

Lisas Geschichte zeigt uns, wie wichtig es ist, uns von der Illusion des „perfekten Selbst“ zu lösen. Wie Narziss, der sein Spiegelbild umklammerte, ringen viele von uns mit dem Bild, das wir von uns selbst geschaffen haben. Doch dieser Kampf kann nie gewonnen werden, weil wir nie das erreichen können, was uns letztlich zerstört.

Die Freiheit liegt darin, den Spiegel loszulassen – und die Person dahinter zu umarmen. In dieser Akzeptanz finden wir echte Selbstliebe. Und in dieser Liebe können wir andere wirklich lieben, so wie Gott uns geliebt hat.

* Eine fiktive Geschichte mit einem wahren Kern.

Ist Lisa eine Narzisstin? Was bedeutet Narzissmus wirklich?

Narzissmus wird oft als übermäßige Selbstverliebtheit beschrieben. Vielmehr zeigt sich Narzissmus aber darin, dass wir uns selbst ablehnen und ein idealisiertes Bild nach außen projizieren, hinter dem wir uns verstecken.

Der „typische Narzisst“ ist eine Seltenheit. Vielmehr tragen wir alle in unterschiedlichem Ausmaß narzisstische Züge in uns. Die spannendere Frage ist daher nicht, ob Lisa narzisstisch ist, sondern was ihre Geschichte über uns alle offenbart. Wo erkennst du Parallelen zu dir selbst?

Hast du Momente, in denen du dich an ein Bild von dir klammerst, das du anderen zeigen möchtest, während dein wahres Selbst im Hintergrund bleibt?

Welche der folgenden narzisstischen Eigenschaften erkennst du bei Lisa – und welche vielleicht auch bei dir?

Die wichtigsten Eigenschaften des Narzissmus verstehen

Grandioses Selbstbild

Überzeugung von eigener Einzigartigkeit und Anspruch auf Bewunderung.

Mangel an Empathie

Schwierigkeit, Gefühle anderer wahrzunehmen oder angemessen darauf einzugehen.

Bedürfnis nach Bestätigung

Drang nach Anerkennung, Unruhe bei fehlender Wertschätzung.

Überempfindlichkeit gegenüber Kritik

Übertriebene Reaktionen auf Kritik oder vermeintliche Ablehnung.

Manipulatives Verhalten

Andere ausnutzen, um persönliche Ziele zu erreichen.

Arroganz und Anspruchsdenken

Überlegenheitsgefühl, Erwartung besonderer Behandlung.

Oberflächliche Beziehungen

Schwierigkeit, tiefe und authentische Verbindungen aufzubauen.

Innerer Konflikt

Hinter Fassade oft Unsicherheit und geringes Selbstwertgefühl.

Emotionale Instabilität

Schwankungen zwischen Selbstüberschätzung und Selbstzweifeln.

Fokus auf Erfolg

Starke Fixierung auf Macht, Schönheit oder Anerkennung.

Unser Weg im Coaching: Sich selbst ehrlich begegnen

Narzissmus ist oft eine Schutzstrategie, hinter der tiefe Unsicherheiten und Selbstzweifel verborgen liegen. Zu entdecken, wer wir wirklich sind – jenseits der Fassade – ist ein Geschenk: Es bedeutet, über unsere wahren Stärken zu staunen und zu erforschen, wozu wir fähig sind. Doch auch unsere Schwächen gehören zu uns. Gerade sie haben uns oft dazu gebracht, die Masken aufzusetzen, hinter denen wir uns verstecken.

Im Coaching bei Narzissmus begleiten wir dich auf einer Reise zu mehr Authentizität und innerer Stärke. Du lernst, dir deiner Stärken und Schwächen bewusst zu werden. Dabei geht es nicht darum, deine Schwächen abzustreifen oder sie zu verdrängen. Vielmehr helfen wir dir, sie anzunehmen, dich mit ihnen zu versöhnen und ihre Wurzeln zu verstehen. Dieser Prozess eröffnet den Weg zu echter Veränderung – einer Veränderung, die nicht in Perfektion mündet, sondern in Frieden mit dir selbst.

Du wirst nicht ein völlig anderer Mensch werden müssen – und das ist auch nicht nötig. Stattdessen kannst du lernen, deinen Schwächen die Schärfe und Bitterkeit zu nehmen und deine Stärken bewusst einzusetzen. So wirst du Schritt für Schritt zu einer Person, die sich selbst ehrlich liebt und aus dieser Liebe ein Segen für andere sein kann.

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